Wissenschaftler von der Universität in Hiroshima konnten belegen, dass ein übersteigertes Verantwortungsgefühl ein Risikofaktor für die Entwicklung von Zwangsstörungen oder generalisierten Angststörungen ist. [1]
In der sozialen Arbeit blicken uns oft viele Themen und Menschen entgegen, die an unser Verantwortungsgefühl appellieren. Ob Klienten, Angehörige, Kooperationspartner, Vorgesetzte oder andere – überall “lauert” eine implizite Forderung, Verantwortung zu übernehmen.
- “Ich kann das nicht. Sie als mein Sozialarbeiter können doch da sicher helfen”. (Klient)
- “Sie müssen da jetzt endlich mal tätig werden, mein Sohn hat wieder mal was Dummes angestellt. Wenn Sie da nichts machen, dann setzen wir ihn bald vor die Tür”. (Mutter eines Klienten)
- “Diesen Klienten kann ich nicht von keiner anderen Kollegin betreuen lassen. Auf dich kann man sich bei so schweren Fällen immer verlassen. Ich weiß ja, dass du sowieso schon überlastet bist, aber das hier ist wirklich wichtig”. (Vorgesetzter)
Vor allem das letzte Beispiel zeigt, wie solche Appelle auch etwas verführerisches haben, denn die Verantwortung kommt hier im Mantel einer Würdigung (“Du bist etwas besonderes”).
Folgen für die Soziale Arbeit
Unsere Arbeit ist prozessorientiert. Deshalb merken wir leider häufig erst dann, dass wir wieder einmal in die Falle getappt sind, wenn wir uns schon mitten im Verantwortungserleben befinden. Schlimmstenfalls bemerken wir es gar nicht. Und weil an die Arbeit von Sozialberuflern immer Menschen mit deren Lebenswelt gekoppelt sind, kann man nicht einfach zurückrudern – oder? Gewissenhaftigkeit (und damit auch Verantwortungsgefühl) ist schließlich eine unserer beruflichen Stärken. Außerdem ist Verantwortungsübernahme ja prinzipiell auch etwas Gutes.
Schutz vor dem Risikolevel
Es sollte also darum gehen, das “gesunde Maß” zu entwickeln. Dies gelingt zum Beispiel, indem man lernt, zu differenzieren: Was darf ich, und was darf ich sein lassen?
Mit Methoden der Psychohygiene (zum Beispiel Wahrnehmung – Beschreibung – Reflexion) können wir uns selbst darin schulen, solche Prozesse frühzeitig zu erkennen. Und je eher wir potenzielle Risikofaktoren für uns selbst erkennen, desto leichter können wir geeignete Maßnahmen planen und umsetzten, um uns nicht ins Hamsterrad der Verantwortungszwänge zu stellen.
Fußnoten- Sugiura, Y. & Fisak, B. J Cogn Ther (2019). https://doi.org/10.1007/s41811-019-00041-x[↩]