Aus der Resilienzfoschung wissen wir, dass spirituelles Coping ein belegter Faktor für funktionale Problembewältigung ist. Es erscheint daher sinnvoll, das aktuell in der sozialen Arbeit vorherrschende bio-psycho-soziale Modell um eine spirituelle Dimension zu erweitern[1], wenn wir unseren ganzheitlichen Ansatz ernst nehmen. Interessant ist dabei, dass wir damit einen Brückenschlag zu den Wurzeln Sozialer Arbeit in Deutschland vollziehen: Schließlich findet sich in den Wurzeln sozialer Arbeit auch die caritative Armenfürsorge.
Doch der Vergleich hinkt: Heute ist das Thema erweitert zu betrachten: Religiosität ist um die Qualität von Spiritualität erweitert worden. Eine Vielfalt verschiedener Kulturen und damit auch spiritueller Überzeugungen begegnet uns in unserem beruflichen Alltag. Insofern arbeiten wir unter veränderten Rahmenbedingungen. Noch vor 150 Jahren war der Monotheismus in unseren Breitengraden ein fester Bestandteil des Alltagserlebens. Heute gibt es zig Glaubensvorstellungen, die alle versuchen, nebeneinander zu existieren.
Bedingungen für spirituelle Professionalität
Um Spiritualität als sozialarbeiterische Ressource für Resilienz nutzen zu können, sind zwei Aspekte zu betrachten: Klientenzentrierung als holistisches Prinzip sollte die spirituelle Perspektive des Klienten erfassen können und aufgreifen, wenn sie ein ganzheitliches Lösungsangebot fördern will. Das spirituelle Selbst-Konzept des Klienten darf ein Bestandteil der Kommunikationsbrücke zwischen Klient und Sozialarbeiterin werden.[2]
Zweitens spielt die Professionalität eine entscheidende Rolle. Pargament [3] weist darauf hin, dass die Voraussetzung für eine entsprechende Klientenzentrierung die Erkundung der eigenen Spiritualität/Religiosität ist. Er definiert dabei vier Bereiche “spiritueller Professionalität”:
- Selbstkonzept (Auseinandersetzen mit und Kennen der eigenen spirituellen Leitlinien)
- Bildung (Wissen über die wesentlichen Aspekte des entgegenblickenden Glaubens)
- Akzeptanz (Anerkennung der Vielfalt von Glaubensvorstellungen)
- Authentizität (Rahmung der eigenen Person und Kongruenz mit der beruflichen Rolle)
- siehe dazu: Xu, Jianbin: Pargament’s Theory of Religious Coping: Implications for Spiritually Sensitive Social Work Practice. In: British Journal of Social Work. Issue 46. Seite 1394 ff. 2016.[↩]
- Canda, E. R. and Furman, L. D.: Spiritual Diversity in Social Work Practice: The Heart of Helping. Oxford University Press. New York. 2010[↩]
- Pargament, K. I.: Spiritually Integrated Psychotherapy: Understanding and Addres- sing the Sacred. Guilford. New York. 2007[↩]