In diesem Artikel widmen wir uns einer Falle der Gesprächführung.
Als Sozialberufler führen wir häufig Gespräche, in denen wir erstmal die zugrunde liegenden Problemthemen lokalisieren müssen, um mit dem Klienten arbeiten zu können. Die Treffsicherheit dieser Diagnostik hängt dabei von vielen verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. von
- dem Zeitumfang, der zur Verfügung steht
- der persönlichen Befindlichkeit des Profis
- der Reflexionsfähigkeit des Gegenübers
- dem institutionellen Rahmen, in dem es zum Treffen kommt.
In einem der gemeinsten Fälle kommt es vor, dass wir glauben, den Kern eines Problems identifiziert zu haben, weil, so denken wir dann, die uns zur Verfügung stehenden Informationen und die Rückmeldung des Klienten keinen anderen Schluss zulassen. Dann fokussieren wir uns auf das vermeintliche Problem (z.B. Alkoholismus, Arbeitslosigkeit, Hyperaktivität usw.). Man spricht hier von vorzeitiger Eingrenzung, wenn andere erkannte Einflussfaktoren durch die Überzeugung, das Problem gefunden zu haben, in den Hintergrund der Wahrnehmung rücken.
Ich habe Ihr Problem erkannt und jetzt müssen auch Sie es nur noch kapieren
Das vorläufige Ergebnis ist schnell erzählt: Das Thema des Klienten wird nicht gut bearbeitet, stattdessen läuft der Sozialarbeiter Gefahr, sich im Widerstand des Klienten oder dem eigenen Problemlöse-Fokus zu verheddern. Und das ist nicht gut für das berufliche Wohlbefinden, weil das Erfolgserlebnis fehlt.
Keine Sorge, das passiert uns allen mal und hoffentlich auch immer mal wieder. Entscheidend ist, wie wir damit umgehen: Präventiv hilft die Selbstreflexion:
Halte ich das benannte Problem für den Kern allen Übels? Also: Leite ich aus einer Problemlage alle anderen ab?
Dann ist man schon auf einem guten Weg in die Eingrenzung und es hilft zum Beispiel folgendes: Besprechen Sie den Fall mit einer Kollegin und bitten Sie sie, eine bewußt andere Fall-Hypothese zu entwickeln.
Und wenn Sie merken, dass Sie schon vor einiger Zeit in diese Falle getappt sind, machen Sie am besten einen Schnitt: Fangen Sie nochmal neu von vorne an, geben Sie den Fall ab, wenn möglich, machen Sie eine Fallsupervision, um sich für das nächste Mal vorzubereiten.
Und vor allem: nehmen Sie es sich nicht übel. Das ist gut für die Psychohygiene